Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) könnte eine Abmahnwelle im Online-Handel auslösen. Mitbewerbern wird in Deutschland nun das Recht eingeräumt, Konkurrenten wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Grundlage des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb abzumahnen. Der EuGH entschied, dass dies nicht im Widerspruch zur DSGVO steht, sondern vielmehr zur Stärkung der Rechte betroffener Personen beiträgt.
Hier geht es zur Pressemitteilung.
Schon seit Inkrafttreten der DSGVO gab es eine zentrale Frage: Dürfen Wettbewerber Datenschutzverstöße überhaupt abmahnen, oder ist dies nur den betroffenen Personen und den Datenschutzbehörden vorbehalten? Diese Diskussion drehte sich um die sogenannte Sperrwirkung. Vereinfacht gesagt, bedeutet Sperrwirkung, dass eine bestimmte Regelung (in diesem Fall die DSGVO) andere rechtliche Ansprüche oder Klagen ausschließt. Das heißt, wenn die DSGVO eine Sperrwirkung hätte, wären nur die in der Verordnung genannten Parteien – wie betroffene Personen oder Aufsichtsbehörden – befugt, gegen Datenschutzverstöße vorzugehen.
In der DSGVO selbst sind Konkurrent
jedoch nicht explizit als klageberechtigte Parteien aufgelistet. Deshalb war lange umstritten, ob Mitbewerber DSGVO-Verstöße über das Wettbewerbsrecht abmahnen dürfen. Der EuGH hat nun klargestellt, dass die DSGVO keine solche Sperrwirkung entfaltet. Das heißt, sie schließt nicht aus, dass Mitbewerber ebenfalls gegen Datenschutzverstöße vorgehen dürfen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die DSGVO ein hohes Schutzniveau gewährleisten will und dies durch zusätzliche Klagen von Mitbewerbern unterstützt werden kann.
Weitere Details zur Pressemitteilung.
Im Kern des Rechtsstreits stand ein Apotheker, der über Amazon apothekenpflichtige Arzneimittel verkauft. Ein Mitbewerber klagte, da keine ausdrückliche Einwilligung der Kunden in die Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten vorlag – ein Verstoß gegen die DSGVO. Diese Entscheidung könnte gravierende Folgen für Online-Händler haben, da es Wettbewerbern ermöglicht wird, Datenschutzverstöße direkt anzugreifen.
Das Urteil öffnet die Schleusen für zahlreiche Abmahnungen, insbesondere im Bereich des E-Commerce. Händler, die personenbezogene Daten nicht DSGVO-konform verarbeiten, laufen Gefahr, von ihren Mitbewerbern abgemahnt zu werden. Diese neue Abmahnwelle könnte erhebliche wirtschaftliche Risiken für Unternehmen mit sich bringen, die bereits unter dem zunehmenden administrativen Druck der DSGVO stehen.
Die Gefahr einer flächendeckenden Abmahnwelle ist real: Mitbewerber könnten Verstöße nicht nur bei großen, sondern auch bei kleineren Händlern gezielt ausnutzen. Händler sollten sich daher schnellstmöglich vergewissern, dass ihre Prozesse zur Datenverarbeitung den hohen Anforderungen der DSGVO entsprechen, um teure Rechtsstreitigkeiten und Abmahnungen zu vermeiden.
Dieses Urteil setzt ein deutliches Signal und könnte die ohnehin angespannte Rechtslage im Online-Handel weiter verschärfen. Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Gerichtsbarkeit diese neue Möglichkeit des Wettbewerbsrechts handhaben wird – doch eines ist klar: Die Jagd auf DSGVO-Verstöße ist eröffnet!