SellerX, einer der bekanntesten Amazon-Aggregatoren, hat offiziell bekannt gegeben, dass Blackrock und Victory Park Capital im Rahmen eines sogenannten „Debt-to-Equity-Swaps“ Schulden in Unternehmensanteile umgewandelt haben. Die beiden Finanzinvestoren hatten dem Berliner Unternehmen zuvor einen Kredit in Höhe von 500 Millionen Euro gewährt, den SellerX offenbar nicht mehr bedienen konnte. Die genaue Höhe der nun gehaltenen Anteile oder ob Blackrock und Victory Park Capital die Mehrheit übernommen haben, blieb unklar. Doch laut einem Bericht von Bloomberg unter Berufung auf anonyme Quellen könnte Blackrock nun der größte Anteilseigner von SellerX sein.
In einer knappen Pressemitteilung erklärte SellerX, dass die Gesellschafter und Kreditgeber eine Rekapitalisierungsvereinbarung getroffen haben, die das Unternehmen für künftigen Erfolg aufstellen soll. Das Ziel sei es, eine „nachhaltige Kapitalstruktur“ zu schaffen, die die Schuldenlast erheblich reduziere und die finanzielle Stabilität von SellerX stärke.
Neue Ausrichtung: Vom Aggregator zum „House of Brands“
Neben der finanziellen Umstrukturierung kündigte SellerX eine strategische Neuausrichtung an. Laut Informationen von Business Insider will sich das Unternehmen künftig von seiner bisherigen Strategie, Amazon-Händler aufzukaufen, abwenden und sich auf den Ausbau seiner bestehenden Marken konzentrieren. Kurzfristig soll sich im operativen Geschäft für die Mitarbeitenden nichts ändern, wie eine Quelle aus dem Unternehmensumfeld berichtete.
Überraschender Schachzug von Blackrock
Eine unerwartete Wendung im SellerX-Drama ereignete sich bereits im Spätsommer 2024, als Blackrock ankündigte, gepfändete Anteile des Unternehmens in einer öffentlichen Auktion versteigern zu wollen. Nur wenige Stunden vor der Versteigerung wurde diese jedoch überraschend und ohne Angabe von Gründen abgesagt. Diese Aktion warf viele Fragen auf, die bis heute nicht vollständig beantwortet wurden.
Eine offene Frage ist, wie sich diese Entwicklung auf die Konkurrenz von SellerX auswirkt. Blackrock und Victory Park Capital haben auch in den Wettbewerber Razor Group investiert und diesem Unternehmen ebenfalls einen Kredit in dreistelliger Millionenhöhe gewährt. Interessanterweise übernahm die Razor Group im April 2024 den US-Konkurrenten Perch mit Unterstützung von L Catterton, Softbank und Victory Park Capital.
Kartellprüfungen und mögliche Fusionen
Ende August beantragte Blackrock beim deutschen Kartellamt eine Prüfung, um möglicherweise 100 % der Anteile an der SellerX Germany GmbH zu erwerben. Dies wirft Spekulationen auf, ob eine Fusion zwischen SellerX und der Razor Group bevorsteht. Diese mögliche Vereinigung könnte den Markt der Amazon-Aggregatoren stark beeinflussen.
Was bedeutet das für die Konkurrenz?
Neben SellerX und Razor steht auch der ursprüngliche Amazon-Aggregator Thrasio im Fokus. Thrasio, das 2018 in den USA gegründet wurde und schnell zum Unicorn aufstieg, hatte ebenfalls schwierige Zeiten durchlebt und ist im Juni 2024 aus einem Insolvenzverfahren nach Chapter 11 hervorgegangen. Blackrock ist auch hier als Kreditgeber involviert, was zeigt, dass der Finanzinvestor in mehreren führenden Aggregatoren eine Schlüsselrolle spielt.
Ein weiterer relevanter Wettbewerber ist die Berlin Brands Group (BBG), die 2022 zwei große Finanzierungsrunden mit insgesamt fast einer Milliarde Dollar abgeschlossen hatte. Bain Capital übernahm dabei einen 40-prozentigen Anteil an der BBG, wodurch das Unternehmen den Unicorn-Status erreichte. Auch die BBG musste jedoch aufgrund der nachlassenden Online-Shopping-Begeisterung nach der Pandemie Entlassungen vornehmen und Kosten senken.
Die Entwicklungen rund um SellerX und die strategischen Manöver von Blackrock könnten erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Branche der Amazon-Aggregatoren haben. Während sich SellerX neu positioniert, bleibt die Frage, wie die Konkurrenten auf die wachsenden Herausforderungen reagieren werden.